Autoren-Beiträge Künstliche Intelligenz: Der heilige Gral oder Vorsicht an der Bahnsteigkante?!
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- von Manuel Hüttl, München
Die österreichische Popgruppe STS beschreibt in ihrem Song "Irgendwann bleib I dann dort" die “Hektomatik-Welt”, in der wir leben. Ich finde, dass dies den Zeitgeist unserer Gesellschaft höchst treffend umschreibt. Unsere Aufmerksamkeitsschwelle wird aufgrund der Quantität der Informationen immer niedriger. Ob es um das rasante Tempo in den Medien geht oder um die exponentielle Entwicklung bei technischen Innovation, alles in allem schickt sich die Geschwindigkeit an, die neue Währung der digitalen Ära zu werden.
KI: Katalysator der Digitalisierung
Die künstliche Intelligenz nimmt eine bedeutende Rolle ein – insbesondere in der Disziplin Kommunikation. Als technologisches Phänomen freilich nicht ganz neu – aber mittlerweile angekommen auf unseren Schreibtischen und unserer täglichen Arbeitswelt. Als CEO einer jungen Agentur, die sich auf die Fahne schreibt, die Dinge etwas agiler und flexibler anzugehen als beispielsweise große Netzwerkagenturen, bist Du im Obligo sowohl die Technologie schnellstmöglich zu verstehen als auch aktiv im Kundengeschäft anzuwenden. Und ja, KI hat das Potential, viele Abläufe unseres Tagesgeschäfts deutlich zu optimieren. Im operativen Geschäft können sehr viele Skaleneffekte erzielt werden und damit Kosten, Ressourcen oder Zeit eingespart werden. Auch im Kreativbereich sind plötzlich erstaunliche Dinge möglich. Das haut dann auch einen alten Hasen wie mich um, der Pressemeldungen früher noch ausgedruckt, kuvertiert, frankiert und dann zur Post getragen hat. So viel zum Thema exponentielle Innovation.
Prozessoptimierung und Arbeitserleichterung
In unserer Agenturarbeit setzen wir unterschiedliche KI-Werkzeuge ein. Mit Looka entwickeln wir zum Beispiel Logos für Kampagnen, die wir in Mock-ups einbetten. Und freilich setzen wir auch auf ChatGPT. Wobei wir im Tagesgeschäft lieber Perplexity nutzen, denn hier werden die Herkunftsquellen der jeweiligen Information angegeben – also kommen wir dem Thema Kennzeichnungspflichten so wie in den Richtlinien des DRPR beschrieben deutlich näher.
Ein entscheidender Zeitpunkt, der eine endgültige Dynamik in das Thema bringt, ist die Öffnung der Microsoft Co-Pilot Lizenzen für kleine und mittlere Unternehmen. November 2023 wurde Co-Pilot gelauncht und ist seit neuestem auch für KMU verfügbar. Eingebettet in die gängigen Office-Anwendungen fungiert Co-Pilot als digitaler Assistent und erstellt im Nu neue Präsentationen basierend auf einem pdf, transkribiert Texte oder protokolliert Teams-Sessions. Die Arbeitserleichterungen, die durch Co-Pilot möglich sind und mit denen wir anfangen zu experimentieren, waren bisher noch gar nicht absehbar.
Resilienzaufbau ist unumgänglich
Dennoch, was bleibt, ist dieses „Biest“ KI. Die große unbekannte neue Technologie. Wir haben als Verbraucher ja immer schon Probleme uns an neue Entwicklungen zu gewöhnen – insbesondere, wenn wir sie noch nicht gut genug kennen. Und da komme ich wieder auf das Thema Geschwindigkeit. Das Tempo in der Entwicklung geht nämlich zu Lasten einiger wichtiger Themen, die noch nicht genügend Beachtung nach sich ziehen. Zwar hat die EU kürzlich die Umsetzung des EU Artificial Intelligence Act (EU AI Act) abgesegnet, aber allein die Ankündigung, dass mit der Ratifizierung frühestens 2026 zu rechnen ist, stimmt bedenklich. Ein Regularium, das bereits bei ihrem Launch schon wieder veraltet ist, erscheint nicht zielführend. Wenn man speziell im Kundengeschäft Datenschutz und Sicherheitsregeln beachten will und muss, kommt man nur mit Selbstregularien weiter.
Bei Milk & Honey PR haben wir daher ein „AI Ethical Playbook“ veröffentlicht, das dynamisch ausgelegt ist – sprich wenn es entsprechende Veränderungen gibt, können diese sofort eingebaut und umgesetzt werden. Als Agentur werden wir jährlich von der PRCA (Public Relations and Communications Association) auditiert, um den Consulting Management Standard (CMS) zu erhalten. Darüber lassen wir uns auch in Sachen ESG von B Corp (der B Corp Score analysiert den Status Quo des ökologisch- und sozialmotivierten Wirtschaftens von Unternehmen) zertifizieren. Wir haben also Verantwortung im Umgang mit KI, unseren Kunden, Partnern und Mitarbeitenden gegenüber. Dieser Verantwortung werden wir mit einer Selbstverpflichtung gerecht – weil öffentliche Regularien derzeit fehlen. Unser AI Playbook soll nicht als Governance-Papier verstanden werden, das Allgemeingültigkeit genießt. Wir beschreiben lediglich unseren Umgang mit KI und welche Grenzen es für uns beim KI-Einsatz gibt.
Fazit
Es gibt zwei wichtige „Take aways“ aus diesem Beitrag. Zum einen sind alle auf den Impact der neuen Microsoft Co-Pilot Lizenzen gespannt. Sie werden unsere Arbeitswelt grundlegend verändern. Zum anderen ist es entscheidend, das Thema KI ernst zu nehmen. Datenschutz, Integrität oder Schutz des Individuums sind nur einige Themen, die wichtig sind. Haltet also die Augen auf und überlegt, wie Ihr damit umgehen wollt.
Dann seid ihr auch in der Lage, der Technologie die Rolle zukommen zu lassen, die sie auch einnehmen soll: den Menschen und seine Arbeit zu unterstützen – nicht zu übernehmen!
Über den Autor: Manuel Hüttl ist CEO von Milk & Honey PR DACH, einer globalen Agentur für Reputationsmanagement. Milk & Honey ist die Agentur mit dem weltweit höchsten B Corp-Score. Der Marketing- und Kommunikationsprofi besetzt diverse Vorstandsposten und ist leidenschaftlicher Autor, Vater und Eishockeyspieler.
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